Interessante, historische Funktechnik konnte man am 10.09.2000 auf dem Gelände des ehemaligen Mittelwellensender Wilsdruff - Codename: SM4 (Sender Mittelwelle der 4. in Betrieb genommene) betrachten. Das Objekt der Telekom wurde 1995 als geschlossenes Ensemble von Architektur, Technik und Landschaftsgestaltung als einzige derartige Anlage weltweit unter Denkmalschutz gestellt und inzwischen dennoch abgerissen (Sendemast).
In Sachsen war seit 1925 in Dresden ein kleiner Mittelwellensender mit 700 W Leistung für den Rundfunk in Betrieb. Beim Bombenangriff auf Dresden am 13. Januar 1945 wurde dieser zerstört. Unmittelbar nach Kriegsende bemühte sich die SMAD (Sowjetische Militäradministration in Deutschland) einen noch vor Kriegsende von der ehemaligen Reichspostdirektion für Dresden beschafften Ersatzsender in Betrieb zu nehmen. Auf Sendung ging dieser 1946. Nach zunächst provisorischer Aufstellung eines stärkeren Senders mit 3,5 kW Leistung, der seit August 1950 sein Programm auf der Frequenz 910 kHz ausstrahlte, wurde 1950 im ersten Fünfjahresplan der DDR die Errichtung von vier neuen, 250 kW starken Hochleistungs-Mittelwellensendern beschlossen, von denen einer im Raum Dresden zur Aufstellung kommen sollte.
Die Entscheidung für den ca. 315 m hoch gelegenen Standort zwischen Wilsdruff und Birkenhain an der Autobahn Dresden - Chemnitz wurde im Juni 1952 getroffen. Das VEB Funkwerk Köpenick lieferte die Sendeanlage. Der VEB Stahlbau Leipzig lieferte den als Antenne dienenden 153 m hohen Stahlrohrmast. Dieser wurde mit einem Gewicht von 110 t auf einen speziellen Keramik-Fußpunktisolator, gefertigt von den Keramischen Werken Hermsdorf, aufgesetzt. Zusätzlich wurde eine Ersatzantenne montiert. Der Sender nahm Anfang September 1953 mit der Sendefrequenz 1.043 kHz seinen Betrieb auf.
Die Anlage wurde 1954 offiziell in Betrieb genommen. Es waren zwei Sendeanlagen vorhanden. Ein 20 kW und ein 250 kW Sender. Sind Arbeiten an dem 250 kW Sender bzw. Antennenanlage (154 m Mast) notwendig gewesen, konnte mit dem alten Sender (20 kW) ein Notbetrieb aufrechterhalten werden. Dieser Sender wurde mit einem Quarz stabilisiert. Eine Eigenentwicklung der Betreiber.
20 kW Sender | Quarzstabilisation |
Fast 50 Jahre alt ist dieser raumfüllende Röhrenverstärker. Mit ihm wurde die Ausgangsleistung von 250 kW erzeugt. Die Senderöhren hatten zu DDR Zeiten eine durchschnittliche Lebenszeit von ca. 4.000 Stunden und kosteten ca. 32.000 Mark. Nach der Wende wurde bis zur Abschaltung des Senders Röhren von Siemens eingesetzt. Sie kosteten ca. 60.000 DM, hatten aber eine wesentlich kürzere Lebenszeit.
Über diese Kabelanlage, genannt Reuse, wurde die HF-Energie vom Sender zur Antennenanlage transportiert. Sie funktioniert wie ein Koaxialkabel.
Der Mast war 154 m hoch und hatte einen Durchmesser von 1,5 m. Abgespannt war er in einer Höhe von 60 m und 120 m. Er wog ca. 110 t. 1044 kHz war die Hauptfrequenz des Senders Wilsdruff. Auf diese war der Mast optimal ausgelegt - er war ein Lambda/2 Strahler. Aufgrund der geologischen Bedingungen (feuchtes Gestein) besitzt er eine sehr gute Erde als Gegengewicht.
Einspeiseleitung zum Fußpunkt der Antenne. |
Auf diesem Isolator ruhte das gesamt Gewicht des Antennenmastes. Hergestellt wurde dieser in den Keramischen Werken Hermsdorf.
Der Sender mußte 10 Tage mit eigener Stromversorgung arbeiten können. Dazu waren in Wilsdruff zwei U-Boot-Dieselmotoren mit Generatoren installiert. Entsprechende Dieseltanks waren vorhanden. Angelassen wurden die Aggregate mit Druckluft, welche in zwei Flaschen gespeichert wurde.